Dienstag, 25. August 2009

Neoklassik als esoterische Disziplin

Das grundlegende Problem der heutigen Wirtschaftstheorie ist ihre Methodologie; die Volkswirtschaftslehre wird als angewandte Mathematik betrieben. Es wäre gesünder, Logik als wissenschaftliche Methodik einzusetzen.

Eine Illustration: Das grundlegende Problem, das die Wirtschaftstheorie lösen muss, um überhaupt wissenschaftlich zu sein, ist das Heterogenitätsproblem: Güter sind ungleich. Man kann nicht einen Sack Mehl und eine Schraube addieren, oder ein Pferd von einem Schwein subtrahieren. Um die Wirtschaft zu verstehen, muss man die Dinge in Zahlen umwandeln: Homogenisieren. Die neoklassischen Ökonomen transformieren Güter in Zahlen, indem sie eine Annahme treffen: ein Gut ist das Numéraire-Gut, und wird als "1" definiert. Die anderen Güter können dann im Verhältnis dazu gemessen werden. Wenn ein Sack Mehl "1" ist, dann ist ein Pferd 500 und eine Kuh, was weiss ich, 400. Das erste und grundlegendste Problem der Ökonomie wird also mit einer Annahme gelöst. Von jedem wissenschaftstheoretischen Standard aus gesehen ist dieses Vorgehen schlichtweg falsch.

Der wichtige Punkt hier ist: Ein Axiom ist keine Hypothese, denn man nimmt bei einem Axiom an, dass es prinzipiell gilt. Es kann nicht und will auch nicht falsifiziert werden, sondern es wird als Glaubensbekenntnis von Ökonomen eingeführt. Eine Hypothese hingegen lässt sich falsifizieren und ist deshalb wissenschaftlich. Wie will ich aber falsifizieren, dass ein Sack Mehl = 1 ist? Ein Versuch der Falsifikation ist genauso absurd wie die Annahme selbst.

Was ist nun die Quintessenz dieser Aussage? Ganz einfach: Die Bausteine der gesamten modernen Wirtschaftstheorie sind der Falsifikation nicht ausgesetzt. Heutige wirtschaftliche Modelle basieren auf Konditionalsätzen: wenn 'p', dann 'q'. Sobald die Vereinfachung, der Baustein, akzeptiert worden ist, definiert die mathematische Methode (welche meistens präzise ist) den Output.

Wenn aber das 'p' eben keine Hypothese, sondern ein Axiom ist, dann ist die neoklassische Ökonomie keine Wissenschaft mehr. Alle heutigen Mainstream-Modelle basieren aber auf Axiomen. Diese Axiome stehen nicht zur Falsifikation offen, sondern werden im Sinne eines gegenseitigen Konsens der "Elite" als Wahrheit akzeptiert, damit überhaupt weitergerechnet werden kann. Wenn sich aber eine Wissenschaft der logischen Falsifikation entzieht, dann ist sie keine Wissenschaft mehr, sondern eine esoterische Disziplin. John K. Galbraith nannte Neoklassiker, und das sind praktisch alle modernen Ökonomen, deshalb schon vor 30 Jahren ausschliesslich "Esoteriker".

Moderne Ökonomen würden dieser Argumentation vehement widersprechen und sagen: das ist nun einmal der Standard wissenschaftlichen Vorgehens! Man konstruiert ein Modell, das auf möglichst realitätsnahen Annahmen beruht, und testet dieses Modell dann mit geeigneten statistischen Modellen. Das stimmt vorerst. Es stimmt jedoch nur, wenn es keine bessere, logischere Methodik gäbe. Und siehe da, es gibt eine Methodik, wie Dinge in Zahlen ausgedrückt werden können, ohne esoterische Annahmen zu treffen: indem man nämlich Güter nur mit Geldlöhnen misst. Dazu muss man aber den Prozess der endogenen Geldschöpfung durch Banken an den Anfang stellen. Eine Schraube ist identisch der Zahl 5, falls genau fünf Franken für ihre Produktion aufgewendet wurde. Die Implikationen dieser kleinen Änderung sind gigantisch.

Es würde dazu führen, dass Geldtheorie und Werttheorie wieder verbunden würden (Heute sind sie komplett getrennt, und Neoklassiker zerbrechen sich deshalb die Köpfe darüber, ob Geld denn nun ein Schleier ist, der "akzeptiert wird weil er akzeptiert wird", oder ob Geld ein Gut ist, was auch wieder widerspüchlich ist).

Dieses Vorgehen ist logisch gesehen weit fortgeschrittener als die archaische Wirtschaftstheorie von heute: ihre Anhänger sind Schüler der "Quantum Theory of Money Emissions" und des "Circuituism". Es gibt noch nicht einmal deutsche Lehrbücher darin. Diese zwei Schulen haben sämtliche neoklassischen (und marxistischen, keynesianischen, etc.) Theorien logisch falsifiziert. Da Neoklassiker aber nicht mehr im Bereich der Logik, sondern in mathematischen Traumwelten operieren, sind sie nicht einmal im Stande, auf die Falsifikation zu reagieren. Sie verstehen sie nicht. So steht es also um unsere liebe Wissenschaft.

Mittwoch, 12. August 2009

Was ist Geld (3)

Der Ausgangspunkt jeder makroökonomischen Analyse ist immer Geld. Geld ist dabei in erster Linie eine Recheneinheit, welche den Wert des produzierten Gutes misst und zum Zeitpunkt der Produktion von der Bank als Anerkennung einer Schuld emittiert wird. Geld hat also keinen intrinsischen Wert, keinen Güterwert, sondern verspricht dem Halter einen Anteil am Sozialprodukt. Geld ist keine materielle Einheit, sondern eine Nummer, und somit eine ordnende Idee. Wäre Geld ein Gut, müsste man Geld logischerweise zum BIP dazurechnen. Hätte es keinen Wert, wäre es nur ein "Schleier des Tausches", so kann nicht erklärt werden, weshalb es als Zahlungsmittel akzeptiert wird.

Die Funktion von Geld ist es, ökonomischen Output zu zählen. Geld ist somit Wertstellvertreter und Wertmesser. Wie passiert nun Produktion und Lohnzahlung?

Produktion braucht Zeit, aber Produktion geschieht nicht kontinuierlich über die Zeit. Vielmehr ist Produktion Zeit. Weshalb? Produktion ist kein kontinuierlicher Prozess. In der Physik kann man Distanz messen als

Geschwindigkeit (x meter/sekunde) * Zeit (y sekunden) = xy Meter

Bei Produktion geht das nicht, denn Produktion ist nicht wie Geschwindigkeit eine Grösse, die unabhängig von Zeit existiert. Ökonomen behauptet, dass

Output = Produktion * delta(t).

Da aber Produktion und Output dieselbe Einheit aufweisen, muss delta(t), also die Zeitperiode der Produktion, gleich 1 sein.

Die Ökonomie kann sich also nicht klassischer Mechanik bedienen, um wirtschaftliche Prozesse zu erklären. Die Produktion, da sie nicht in kontinuierlicher Zeit passiert, muss ein augenblickliches Ereignis sein. Das Resultat dieses Ereignisses ist die Emission eines positiven Outputs. Dieser Output quantifiziert nicht nur die Zeit; er ist Zeit.

Produktion passiert also in einer unendlich kleinen Zeiteinheit in Form einer positiven Emission. Die Emission geht folgendermassen von statten: Das Produkt wird auf dem Faktormarkt gemessen in Geldeinheiten, indem es gekauft wird. Die Bezahlung löst eine augenblickliche Schöpfung und Zerstörung von Geld aus, welche veranlasst, dass das positive Bankkonto des Käufers zerstört wird und ein neues, positives Konto des Verkäufers entsteht. Geld existiert also nur innerhalb eines unendlich kleinen Augenblicks und erfüllt den Zweck des finalen Zahlungsmittels, welches zu einer gleichzeitigen Erschaffung und Zerstörung eines Kontos führt.

Lohnzahlungen sind deshalb augenblickliche Ereignisse, welche zirkuläre Geldströme auslösen und einen neuen Geldstock in Form eines Kontos schaffen, der genau den Wert des neuen Gutes besitzt, ja ihn repräsentiert. Geld ist deshalb ein Aktivum-Passivum, weil seine Schaffung immer eine Schöpfung eines Guthabens und einer Schuld mit sich zieht.

Damit kann man einen wichtige Aussage machen: Alle Guthaben auf der Passiv-Seite der Bankbilanzen werden immer genau aufgewogen von der Aktivseite. Ausbezahlte Löhne werden sofort gespart, als Kredite an Firmen geliehen und in Kapital umgewandelt bis zum Zeitpunkt des Konsums, wo der Lohn aufgebraucht wird, das Kapital dadurch konsumiert und die Schuld zurückbezahlt, womit ein Geldeinkommen zerstört wurde.

Die reale Form dieses Kapitals ist in diesem Beispiel nur gelagertes Konsumgut und kann deshalb Kapital-Zeit genannt werden, was die Mutter aller Kapitalien ist. Fix- und zirkulierendes Kapital ist eine Subkategorie daraus. Das aus der Produktion stammende Geldeinkommen ist also Zeit-Kapital, und das gelagerte Konsumgut ist sein reales Objekt. Wenn der bezahlte Preis dabei grösser ist als die aus der Produktion resultierenden Kosten, entsteht ein Profit für die Firma. Was bedeutet das? Der Profit (eine Zahl), welcher logisch gesehen vergangenes Einkommen darstellt, wird als Erspartes auf die Passivseite der Bankbilanz geschrieben und verwandelt sich damit in Kapital-Zeit. Das Objekt dieses Profits sind die gelagerten, unverkauften Güter, die existieren müssen, wenn es Profit existiert. Wird der Profit an die Aktionäre verteilt und konsumiert, wird der Lagerbestand aufgebraucht.






Dienstag, 11. August 2009

Was ist Geld? (2)

(dieser Text ist eine Fortsetzung, der erste Teil steht weiter unten)

Man weiss nun: Da Unternehmer ihren Arbeitern Löhne bezahlen, nehmen sie bei der Bank einen Kredit auf und bezahlen sie damit. Auf beiden Seiten der Bankbilanz entsteht also gleichzeitig und sofort eine neue Zahl. Geld ist dasjenige Ding, welches in der unendlich kleinen Zeiteinheit entsteht, die es braucht, um die Zahl auf beiden Seiten der Bilanz zu schreiben. Geld ist also ein Strom. Bankkonti sind nicht selbst Geld, sondern das Produkt des Geldstromes, also eine Bestandesgrösse. Das Ziel des Bankkontos, also seine Kaufkraft, ergibt sich aus der Assoziation der Nummer auf dem Konto mit der laufenden Produktion.

Geld ist also kein Gut, denn ein Gut besitzt immer einen intrinsischen Wert, hat also einen Preis. Geld kann aber keinen Preis haben, genau wie man den Urmeter in Paris nicht messen kann. Geld kann also keinen Wert unabhängig von der laufenden Produktion haben. Hätte es dies, müsste man das neu geschaffene Geld auch zum BIP dazurechnen. 

Geld ist aber auch kein Schleier oder Schmiermittel, weil dadurch nicht erklärt wird, weshalb Geld gegen Güter getauscht, sprich wieso Geld als Gegenwert akzeptiert wird. Neoklassiker versuchen sich dann mit unlogischen Zirkelschlüssen aus der Misere zu retten und sagen: Geld wird akzeptiert weil Geld akzeptiert wird. Auf solchen Zirkelschlüssen kann aber keine seriöse Theorie beruhen. Neoklassische und österreichische Geldtheorie sind also inkonsistent.

Schumpeter's Idee von Inflation zeigt seine Denkfehler. Er sagt, dass "credit-led inflation results from an illogical extension of credit beyond the amount of available income". Sobald  die Schuld zurückbezahlt wird, wird das Geld zerstört. Schumpeter übersieht, dass mit der Ausweitung der Produktion auch die Menge an Kaufkraft zunimmt. Geld entsteht mit der Produktion. Weshalb Geld plötzlich schneller wächst als Güter, wenn doch die Produktion von Gütern jeweils einen Geldbetrag schafft, der genau den Produktionskosten des Gutes entspricht, kann Schumpeter nicht erklären!

Ein Kredit ist ein Transfer von Kaufkraft. Durch Kredit leihen Banken den Unternehmen Geldeinkommen, dass sie den Arbeitern zahlen können. Dafür muss der Unternehmer der Bank das Anrecht auf spätere Rückzahlung geben. Das Objekt der Rückzahlung ist das produzierte Gut. Einkommen ist dann ein Bankkonto. Es gibt zwei Arten von Krediten: Kredite, welche neue Produktion finanzieren, und Kredite, welche bereits existierende Konten aufbraucht. Im ersten Fall leiht die Bank der Firma genau das Einkommen, das durch die Produktion entsteht, wodurch ein neues Einkommen geschaffen wird. Im zweiten Fall wird ein bereits bestehendes Einkommen für Konsumzwecke oder an Firmen geliehen.